„Es ist schön, die Lernfortschritte der Jugendlichen mitzuerleben“

Richard Golbs engagiert sich seit 2016 als Pate für Jugendliche mit Fluchtgeschichte. Aktuell unterstützt der 70-jährige Kölner zwei junge Männer, die sich in Ausbildung befinden. Wir haben mit ihm über sein ehrenamtliches Engagement im Ruhestand gesprochen.

Wie sind sie zu Ceno gekommen und was hat sie davon überzeugt, als Pate aktiv zu werden?

„Ich bin 2015 in den Ruhestand gegangen und habe circa ein Jahr überlegt, was ich in meiner freien Zeit machen möchte. Über einen Zeitungsartikel bin ich zu Ceno gekommen. Das Konzept des Patenprojekts für jugendliche Geflüchtete hat mich direkt überzeugt.“

Was haben sie beruflich gemacht? Können Sie von Ihren beruflichen Erfahrungen bei ihren Aufgaben als Pate profitieren?

„Ich war Lehrer für Sport, katholische Religion, Mathematik, Erdkunde, Geschichte und Sozialwissenschaften. Als sogenannter Drogenkontaktlehrer (später Berater für Suchtvorbeugung) habe ich einen Arbeitskreis der Stadt Köln zum Thema Suchtprävention geleitet und in Zusammenarbeit mit der Drogenhilfe Köln Lehrer zu dem Thema fortgebildet. Gleichzeitig bin ich Supervisor und habe bis vor kurzem an der Uni Köln am Zentrum für LehrerInnenbildung in der Ausbildung von Lehrern mitgearbeitet. Ich hatte immer viel Kontakt zu jungen Menschen. Daher profitiere ich natürlich von meinen Erfahrungen. Mich kann so schnell nichts erschüttern.“

Erzählen Sie mal etwas von Ihren Patenjugendlichen…

„2016 begann die Patenschaft zu Moussa*, der damals gerade 18 Jahre alt war. Moussa kommt aus Guinea und ist alleine nach Deutschland gekommen. Zunächst waren seine Schulnoten relativ schlecht. Wir trafen uns mindestens einmal in der Woche. Wir lernten gemeinsam, schrieben Bewerbungen und nahmen Vorstellungsgespräche wahr. Nach einem Praktikum bekam Moussa die Zusage für die „Betriebliche Einstiegsqualifzierung“ als Autolackierer, d. h. er arbeitete drei Tage in der Woche im Betrieb und zwei Tage nahm er an einem Sprachkurs teil. An das sogenannte „EQ“ schloss sich im gleichen Betrieb seine Ausbildung an. Jetzt ist er im dritten Ausbildungsjahr. Im kommenden Jahr steht die Gesellenprüfung an.“

Welche Themen gibt es neben Schule und Ausbildung in dieser Patenschaft?

„Es gab Probleme mit der Wohnung, die wir gemeinsam irgendwie lösen konnten. Jetzt wohnt Moussa mit seiner Freundin und seinem Sohn zusammen. Es gab auch immer wieder behördliche Themen. Es war kein Pass vorhanden, sondern nur eine Geburtsurkunde. Aber auch das Thema scheint jetzt gelöst zu sein. Moussa hat die Zwischenprüfung abgelegt und wir warten aktuell auf die Ergebnisse. Wenn diese da sind, werde ich wieder Kontakt zum Betrieb aufnehmen. Ab Januar 2022 unterstütze ich ihn bei der Vorbereitung auf die Gesellenprüfung.“

Seit einigen Monaten stehen Sie einem weiteren jungen Mann zur Seite. Wie läuft diese Patenschaft?

„Seit Juli 2021 läuft die Patenschaft mit Amir**. Er macht ebenfalls eine Ausbildung zum Autolackierer. Amir ist 20 Jahre alt, aus Afghanistan geflohen und auch ohne Eltern oder Familie in Deutschland. Aktuell ist der Kontakt recht intensiv. Ich hole ihn einmal in der Woche von der Berufsschule aus Frechen ab und wir gehen gemeinsam was essen. Wir reden viel und ich merke, dass ihm der Kontakt und unserer Gespräche gut tun. Er macht sich viele Gedanken über seine Zukunft und seine Familie in Afghanistan. Ich kann mir gut vorstellen, dass er nach seiner Berufsausbildung noch mal etwas ganz anderes macht. Das werden wir sehen. Amir ist jedenfalls auf einem guten Weg.“

Wie viel Zeit investieren Sie und wie kommt ihr Einsatz bei den Jugendlichen an?

„Wie oft wir uns hören oder treffen hängt von den anstehenden Themen ab. Moussa meldet sich bei mir, wenn er Hilfe braucht. Ab Januar, wenn er sich auf die Abschlussprüfung vorbereiten muss, wird das sicher wieder mehr werden. Er freut sich, wenn wir uns sehen und vielleicht bin ich in den Jahren ein Stück weit Vaterersatz für ihn geworden.

Amir sucht sehr regelmäßig das Gespräch. Aktuell geht es vor allem darum, ihn in seinem Tun zu bestärken und bei bestimmten Themen zu unterstützen, u. a. auch bei bürokratischen Dingen. Es hilft ihm sehr, dass jemand an seiner Seite ist.“

Was gibt Ihnen der ehrenamtliche Einsatz persönlich?

„Schon als Lehrer habe ich die Begegnungen mit jungen Menschen toll gefunden. Es macht mir Freude Kontakte zu knüpfen und Beziehungen aufzubauen. Dabei kann ich sowohl Nähe als auch Distanz zulassen. Es ist schön, die Lernfortschritte der Jugendlichen mitzuerleben. Letztlich gibt es mir etwas zurück, wenn ich sehe dass der Kontakt und die Beziehung wachsen.“

Vielen Dank für die Einblicke in Ihre Patenschaften und Ihr besonderes Engagement.

Sie möchten Sich auch ehrenamtlich engagieren? Pädagoginnen von Ceno beraten und begleiten Sie gerne bei Ihrem Ehrenamt. Weitere Informationen finden Sie hier. Für einen Beratungstermin können Sie uns gerne telefonisch oder per E-Mail kontaktieren: 0221/995998-0, info@ceno-koeln.de

*Name geändert, **Name geändert

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